Bauerngärten in Niederösterreich - Institut für ökologischen ...
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Kermesbeere<br />
Die Kermesbeere (Phytolacca sp.) ist e<strong>in</strong> Zeuge<br />
früherer Verwendung. Sie diente <strong>in</strong> der Vergangenheit<br />
zum Färben des We<strong>in</strong>es. In Nordamerika<br />
dient sie heute noch als Farbstoff, doch im<br />
We<strong>in</strong>viertel ist dieser ehemalige Nutzen schon<br />
fast <strong>in</strong> Vergessenheit geraten. Die leuchtenden,<br />
dunkelroten Beeren verhelfen der Pflanze nun<br />
<strong>in</strong> manchen Gärten zu dem Glück, nicht auf<br />
dem Kompost zu landen, sondern als Zierde<br />
im Garten zu stehen - „nur der Schönheit willen“.<br />
Die Kermesbeere ist heute im We<strong>in</strong>viertel<br />
vor allem an Böschungen und Wegrändern zu<br />
f<strong>in</strong>den. Manchmal aber, wenn sie sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en<br />
Garten verirrt hat, wird sie auch dort geduldet.<br />
Abbildung 28: Kermesbeere<br />
6.3. Die Liebl<strong>in</strong>gspflanzen<br />
der Bäuer<strong>in</strong>nen<br />
„Liebl<strong>in</strong>gspflanze? I mag alle Pflanzen,<br />
wenn ma wos net mag, wachst‘s auch nicht.“<br />
Jede e<strong>in</strong>zelne Pflanze im Garten ist <strong>für</strong> die Bäuer<strong>in</strong>nen<br />
wichtig. Es fällt ihnen schwer, e<strong>in</strong>e Liebl<strong>in</strong>gspflanze<br />
zu nennen. Viele Pflanzen lassen das Herz<br />
der Frauen höher schlagen. Welche Besonderheiten<br />
s<strong>in</strong>d es, die an den Pflanzen fasz<strong>in</strong>ieren?<br />
Viele <strong>Bauerngärten</strong> erstrahlen <strong>in</strong> bunten Farben und<br />
beherbergen e<strong>in</strong>e Fülle verschiedener Blumen. Die<br />
Anzahl der unterschiedlichen Arten, die re<strong>in</strong>e Gartenzierde<br />
s<strong>in</strong>d oder als Schnittblumen <strong>in</strong> die Häuser<br />
getragen werden, überragen <strong>in</strong> vielen Gärten die An-<br />
Abbildung 29: Am liebsten haben die Bäuer<strong>in</strong>nen die<br />
Salat- und Gemüsepflanzen<br />
zahl der Lebensmittelarten, die unsche<strong>in</strong>bar <strong>in</strong> den<br />
Beeten wachsen. Doch <strong>in</strong> der Reihung der Liebl<strong>in</strong>gspflanzen<br />
machen die wohlschmeckenden Gemüsearten<br />
den farbenprächtigen Blüten Konkurrenz! Dabei<br />
spielt weniger der ästhetische Wert als der praktische<br />
Nutzen e<strong>in</strong>e Rolle, um den Titel „Liebl<strong>in</strong>gspflanze“<br />
zu erhalten (Tabelle 8).<br />
Hoch geschätzt ist der grüne Salat, der oft das erste<br />
Gemüse im Frühjahr ist und gerne gegessen wird.<br />
Am häufigsten wurden der Kopfsalat oder auch der<br />
Bohnen<br />
Kle<strong>in</strong> und handlich s<strong>in</strong>d sie, die Bohnen. Ihr<br />
Anblick erfreut. Ob hellbraun glänzend oder<br />
weiß und zierlich, ob gelb und dick oder rundlich<br />
und gräulich oder gar violett mit schwärzlichen<br />
Tupfern gesprenkelt. Die Vielgestaltigkeit<br />
der Bohnen erfreut <strong>in</strong>sbesondere viele ältere<br />
Bäuer<strong>in</strong>nen. Ausführlich und lange kann da die<br />
Herkunft der Liebl<strong>in</strong>ge gepriesen werden.<br />
Abbildung 30: Verschiedene Bohnenarten und<br />
-sorten<br />
Schnittlauch<br />
Was wäre die Liebe ohne die Würze? Gut vertraut<br />
s<strong>in</strong>d uns die Suppenkräuter, die beim<br />
Verdauen helfen. Da geht die Liebe wohl auch<br />
durch den Magen. Schnittlauch und Petersilie<br />
s<strong>in</strong>d daher <strong>in</strong> den Gärten heiß begehrt. Viele<br />
Bäuer<strong>in</strong>nen brauchen sie noch <strong>für</strong> die tägliche<br />
Suppe. So steckt griffbereit das Messer bei dem<br />
Stock Schnittlauch. Der ‚Schnittl<strong>in</strong>g’ ist der<br />
Liebl<strong>in</strong>g. Diese Liebe ist mehr als nur Zuneigung,<br />
wie man von so mancher Bäuer<strong>in</strong> hört:<br />
„Ohne Schnittl<strong>in</strong>g und Petersil will i net se<strong>in</strong>.“<br />
Oder auch: „Wir haben den Schnittlauch wirklich<br />
gern, wir essen ihn leidenschaftlich gern.“<br />
Da werden andere Würzkräuter wie Sellerie<br />
und Liebstöckel neidig...<br />
Abbildung 31: Schnittlauch gehört <strong>in</strong> jede Suppe<br />
Eissalat genannt. Die Bäuer<strong>in</strong>nen lieben den “Happisalat”,<br />
da er gut schmeckt und auch so gerne von<br />
den Familienmitgliedern gegessen wird. Außerdem<br />
ist er so „praktisch zum Hernehmen“, wenn man<br />
e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong>e schnelle Beilage zum Mittagessen haben<br />
will! E<strong>in</strong>e Bäuer<strong>in</strong> bemerkte, dass der Salat am<br />
Mittagstisch vielleicht zehn M<strong>in</strong>uten alt sei - frischer<br />
gehe es nicht. Auch der Geschmack sei etwas ganz<br />
anderes gegenüber dem gekauften Salat. Der Eissalat<br />
wurde vor allem wegen se<strong>in</strong>en Eigenschaften gelobt:<br />
er wächst nicht so schnell aus und bleibt auch mar<strong>in</strong>iert<br />
noch „knackig“ bis zum Abend.<br />
Auch die anderen Gemüsearten wie Karotte, Paradeiser,<br />
Gurke oder Bohne, werden, weil sie von der ganzen<br />
Familie gerne gegessen werden, wegen des guten<br />
Geschmacks und der vielfältigen Verwendbarkeit <strong>in</strong><br />
der Küche als Liebl<strong>in</strong>gspflanzen hervorgehoben.<br />
Die Karotte („Mehra“) ist beispielsweise durch ihre<br />
häufige Verwendung <strong>in</strong> der Suppe nicht aus der Kü-<br />
che wegzudenken. E<strong>in</strong> besonderes Lob bekommt sie<br />
auch deshalb, weil sie frisch verzehrt so gesund sei.<br />
Bei den Tomaten s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>ige Bäuer<strong>in</strong>nen der Me<strong>in</strong>ung,<br />
dass sie niemals auf die Idee kommen würden,<br />
diese im Geschäft zu kaufen, weil sie von dort kaum<br />
genießbar seien. Bei den Buschbohnen oder Fisolen<br />
(„Stockerl“, „Stockerl-Bohnl“), ist zusätzlich zu den<br />
vorher genannten Gründen auch der gute Ertrag<br />
da<strong>für</strong> verantwortlich, dass sie zu den Liebl<strong>in</strong>gspflanzen<br />
zählen.<br />
Zucch<strong>in</strong>i<br />
Und da ist noch das begehrte „Damengemüse“:<br />
die Zucch<strong>in</strong>i! Diese wird nach Herzenslust<br />
gekocht: Unterschiedlichst werden die nahen<br />
Verwandten der Kürbisse zu Zucch<strong>in</strong>icremsuppe,<br />
zu Zucch<strong>in</strong>isalat, zu gebackenen oder<br />
gebratenen Scheiben verarbeitet. Oder sie werden<br />
geschickt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Gemüsestrudel oder<br />
Spieß namens „Sputnik“ verpackt, damit die<br />
Ehemänner und Söhne nicht gleich ahnen, dass<br />
schon wieder e<strong>in</strong>e riesige ausgewachsene Zucch<strong>in</strong>i<br />
auf den Tisch kommt. Wenn es nach ihnen<br />
g<strong>in</strong>ge, würden sie wohl etwas „Deftigeres“<br />
essen, als dieses „Damengemüse“.<br />
Abbildung 32: E<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zige Zucch<strong>in</strong>ipflanze trägt<br />
soviele Früchte, dass sie die ganze Familie versorgt<br />
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