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neue geschäfte in alten gemäuern - Landesinitiative StadtBauKultur ...

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142 : VOM NUTZEN DES UMNUTZENS<br />

UNSERE FABRIK –<br />

EIN VIELSEITIG GENUTZTES STADTTEILZENTRUM<br />

Octavia Zanger<br />

Es herrscht e<strong>in</strong> geschäftiges Treiben <strong>in</strong> den <strong>alten</strong> Mauern der ehemaligen<br />

Fabrikationshalle von Becker & Funck. Dort, wo e<strong>in</strong>st Schreibmappen, Briefumschläge<br />

oder Postkarten produziert wurden, treffen sich heute Jung und<br />

Alt zu Spiel, Sport und Tanz, zum Werken, Musizieren oder Feiern. In modern<br />

ausgestatteten Ateliers und Mehrzweckräumen haben sich zudem Jungunternehmer<br />

zum Start <strong>in</strong> ihre Freiberuflichkeit e<strong>in</strong>gemietet.<br />

Die Herstellung von Papier und Papiererzeugnissen hat <strong>in</strong> der Stadt Düren<br />

e<strong>in</strong>e lange Tradition und ist auch heute noch von Bedeutung für die Region.<br />

Dennoch stehen oft die historischen Produktionsanlagen wegen Geschäftsaufgabe<br />

oder ­verlagerung leer und drohen schleichend zu verfallen. Den<br />

zahlreichen Initiativen der städtischen Denkmalbehörde und des Planungsamtes<br />

ist es letztlich zu verdanken, dass bedeutende Zeugnisse der Industrie­<br />

und Technikgeschichte <strong>in</strong> der Stadt bewahrt blieben, da sie rechtzeitig die<br />

Rahmenbed<strong>in</strong>gungen für e<strong>in</strong>e verträgliche und nachhaltige Umnutzung schu­<br />

fen. Mit der Fabrik Becker & Funck beschäftigt sich die Stadt schon seit der<br />

Übernahme der aufgelassenen Anlage <strong>in</strong> den 1980er Jahren. Sie bef<strong>in</strong>det<br />

sich <strong>in</strong> der Oststadt, e<strong>in</strong>er gründerzeitlichen Stadterweiterung, die seit Jahrzehnten<br />

mit sozialen Problemen zu kämpfen hat. Aus diesem Grund sollte<br />

e<strong>in</strong> se<strong>in</strong>erzeit <strong>in</strong> Auftrag gegebenes Nutzungsgutachten die Möglichkeiten<br />

zur städtebaulichen Aufwertung des Stadtbezirks unter E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung des<br />

Fabrikensembles klären.<br />

Die Werksgebäude liegen geradezu versteckt im Block<strong>in</strong>nenbereich e<strong>in</strong>es<br />

Wohnviertels. Lediglich das Verwaltungsgebäude richtet se<strong>in</strong>e hohe, üppig<br />

gestaltete Schauseite zur Wohnstraße. E<strong>in</strong>e hier mittig angelegte große<br />

Tordurchfahrt führt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e enge, gepflasterte Erschließungsstraße, an lang<br />

gestreckten, niedrigen Werkshallen aus braun­rotem Backste<strong>in</strong> mit Grabendächern<br />

vorbei, deren Giebelfolge die Gasse nach Osten bestimmt. Gegenüber<br />

stehen Werkstatt­ und Lagerschuppen sowie das schmale Dampfkesselhaus<br />

mit Schornste<strong>in</strong>. In der ersten Konzeption empfahl der Planer für den Verwaltungstrakt<br />

und für die schmalere, nördliche Produktionshalle e<strong>in</strong> Papiermuseum,<br />

für die südliche Werkshalle e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e Bürgerbegegnungsstätte.<br />

Während die Planung zum Bürgerzentrum Zustimmung fand, wurde die<br />

Nutzung als Papiermuseum an diesem Standort abgelehnt, da zur Demonstration<br />

der Papierherstellung das notwendige Fließgewässer fehlte. Die<br />

Stadt entschloss sich daraufh<strong>in</strong>, das Verwaltungsgebäude <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Wohnanlage<br />

für Spätaussiedler umzubauen und e<strong>in</strong>en K<strong>in</strong>dergarten anzuschließen,<br />

was vorbildlich gelang. Für die ehemaligen Fabrikationsräume, das Kesselhaus<br />

und die Werkstätten wurden nur untergeordnete Nutzungen gefunden.<br />

Dennoch konnte die Bausubstanz durch regelmäßige Bauunterhaltung <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em gesicherten Zustand bewahrt werden.<br />

Am Anfang standen umfangreiche Planungen, bis die Stadt Düren Anfang<br />

1999 mit dem Stadtteil Düren Süd­Ost am Landesprogramm „Stadtteile mit<br />

besonderem Er<strong>neue</strong>rungsbedarf – die soziale Stadt“ teilnehmen konnte.<br />

Es bot sich an, auch das Landesprogramm „Initiative ergreifen!“ mit e<strong>in</strong>zub<strong>in</strong>den.<br />

Herzstück des Projektes waren die Produktionshallen, das Kesselhaus,<br />

die Nebengebäude und die historischen Freiflächen von Becker &<br />

Funck. Ziel der Konzeption war, die Industrieanlage entsprechend<br />

dem Motto „Unsere Fabrik für Kultur und Stadtteil“ umzunutzen, um<br />

die Lebens­ und Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen für die Bewohner dieses Stadtteils<br />

nachhaltig zu verbessern und zu stabilisieren. In Anbetracht der<br />

bewilligten Landesförderungen konnte die Stadt das Projekt f<strong>in</strong>anzieren. Es<br />

gelang die Gründung e<strong>in</strong>er Stiftung, die sich zur dauerhaften Erhaltung des<br />

Industriedenkmals verpflichtete. Das Nutzungs­ und Vermietungskonzept<br />

basiert auf e<strong>in</strong>em gemischtwirtschaftlichen Ansatz: Nach e<strong>in</strong>em Zwei­Säulen­<br />

Modell werden zukünftig rentierliche und subventionierte Nutzungen die<br />

Vermietungspolitik bestimmen.<br />

Mit der Bau­ und Umnutzungsplanung beauftragte die Stadt Düren das<br />

Archi tektur büro Glashaus PSG <strong>in</strong> Aachen, das <strong>in</strong> enger Rücksprache mit den<br />

Denk malbehörden den Umbau begleitete. Es g<strong>in</strong>g dabei nicht alle<strong>in</strong> um<br />

die Erhaltung der äußeren Hülle des Backste<strong>in</strong>baus mit se<strong>in</strong>en charakteristischen<br />

Blendgiebeln, den orig<strong>in</strong>alen Fenster­ und Türanlagen, den Vorbauten,<br />

Treppen und Rampen, sondern ebenso um die Bewahrung und<br />

Ablesbarkeit der <strong>in</strong>neren Strukturen, der Stahlb<strong>in</strong>derkonstruktion mit se<strong>in</strong>em<br />

Grabendach und der Lichtraupen im Verlauf der Firste. Da trotz der<br />

DÜREN, EHEM. FABRIK BECKER & FUNK, FRIEDENSSTR.<br />

KINDER-<br />

GARTEN<br />

HOF<br />

KINDERGARTEN<br />

KINDER-<br />

GARTEN<br />

BÜRO<br />

DURCHGANG FRIEDENSSTRASSE<br />

BÜRO<br />

SPORT<br />

MULTIFUNKTIONSHALLE<br />

MUSIKSCHULE<br />

ERDGESCHOSS<br />

STIFTUNG FABRIK FÜR KULTUR UND STADTTEIL<br />

Friedenstraße 2B | 52351 Düren | www.becker-und-funck.de<br />

ARCHITEKT: Glashaus PGS, Aachen<br />

BAUHERR: Stadt Düren; für die Stiftung: Thomas Busch<br />

143<br />

VOM NUTZEN DES UMNUTZENS :<br />

SEMINAR- / ARBEITSRÄUME FOYER<br />

SEMINAR- / ARBEITSRÄUME<br />

DAMPFMASCHINE<br />

DAMPFKESSELHAUS<br />

SEMINAR / AUSSTELLUNG<br />

GESCHICHTS-<br />

WERKSTATT<br />

LADENLOKAL<br />

ZUGANG<br />

NÖRVENICHER STRASSE<br />

ZUGANG<br />

BINSFELDER<br />

STRASSE<br />

flexiblen Nutzung e<strong>in</strong>e Konzeption mit ausschließlich offenen Hallen nicht<br />

möglich war, entschloss man sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Teilbereich zum System „Haus<br />

im Haus“: An e<strong>in</strong>en breiten Erschließungsflur, der die Dimension der Halle<br />

erlebbar macht, ordnen sich seitlich Raum­Boxen <strong>in</strong> Leichtbauweise an, die<br />

frei <strong>in</strong> die Halle gestellt s<strong>in</strong>d. Sie bereichern den Raume<strong>in</strong>druck durch Farbe<br />

und Details. E<strong>in</strong> durchdachtes energetisches Konzept war Garant für die<br />

Erhaltung der Außenhaut, <strong>in</strong>sbesondere der Stahlfenster und ­türen.<br />

Erst kürzlich konnte das Kesselhaus den zukünftigen Nutzern übergeben<br />

werden. Dank e<strong>in</strong>er Förderung der Deutschen Stiftung Denkmalschutz war es<br />

möglich, das Gebäude sowie se<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>bauten <strong>in</strong>stand zu setzen. Zukünftig<br />

wird sich die Dürener Geschichtswerkstatt hier auf der Empore über dem<br />

Dampfkessel treffen und arbeiten. Anstelle abgängiger Garagen entstand<br />

auf dem Gelände e<strong>in</strong> attraktiver, kle<strong>in</strong>er Neubau. E<strong>in</strong>e Friseur<strong>in</strong> aus dem Quartier<br />

verlegte hierh<strong>in</strong> ihren Salon.

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