8. Beschlussabteilung Aktenzeichen: B8-124/11 ... - Bundeskartellamt

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konnte, und dass auch […] Teilmengen teilweise bei Konkurrenten beschaffen, spricht
jedoch nicht gegen den grundsätzlichen Wettbewerbsvorteil, den eine solche Stadt-
werksbeteiligung dem Ferngasunternehmen bietet. Vielmehr belegt die Tatsache, dass
Enovos Deutschland […] nach einem Jahr als Kunden wiedergewinnen konnte, die
Zweckmäßigkeit einer Beteiligung hinsichtlich der Absatzsicherung.
(71) Zwar überschreitet der Marktanteil der Enovos Deutschland auf dem Markt für die
Belieferung von regionalen und lokalen Weiterverteilern mit Erdgas die Marktanteils-
schwellen der Einzelmarktbeherrschung des § 19 Abs. 3 S. 1 GWB deutlich. Das Über-
schreiten der Marktbeherrschungsschwelle ist jedoch noch kein hinreichendes Kriterium,
um eine starke marktbeherrschende Stellung feststellen zu können. Vielmehr sind für die
Beurteilung der Marktmacht die tatsächlichen Wettbewerbsbedingungen im Rahmen
einer Gesamtbetrachtung zugrunde zu legen. So hängt die Marktstellung eines Unternehmens
auf dem relevanten Markt beispielsweise auch von rechtlichen und tatsächlichen
Marktzutrittsschranken, potentiellem Wettbewerb, Ausweichmöglichkeiten der
Marktgegenseite oder dem Zugang zu den Beschaffungs- und Absatzmärkten ab. 48
(72) Durch das zum 1. Oktober 2009 von der Bundesnetzagentur eingeführte Zweivertragsmodell,
welches den Gasnetzzugang innerhalb eines Marktgebietes regelt, die Verringerung
der Anzahl der Marktgebiete und die Neuregelung zur Vergabe von Ein- und Ausspeisekapazitäten
an Marktübergangspunkten durch die Gasnetzzugangsverordnung
(GasNZV) vom 3. September 2010 und KARLA Gas der Bundesnetzagentur vom 24.
Februar 2011 sind die rechtlichen und physischen Wettbewerbsschranken zwischen den
einzelnen Transportnetzen und Marktgebieten vorwiegend beseitigt worden. Aufgrund
des regulierten, diskriminierungsfreien Zugangs zu den Transportnetzen fallen für einen
Gasvorlieferanten bei einer Belieferung eines regionalen oder lokalen Weiterverteilers in
einem anderen Netz als dem traditionellen Liefergebiet in der Regel auch keine relevanten
versunkenen Kosten an. Der Markteintritt eines Lieferanten ist unter der Voraussetzung,
dass genügend Erdgas am Handelspunkt verfügbar ist, prinzipiell jederzeit möglich
und unterliegt keinen physischen Beschränkungen, so dass die institutionellen
Rahmenbedingungen für einen bestreitbaren Markt bereits vorhanden sind.
Marktzutrittsschranken innerhalb des Creos-Netzgebietes bestehen daher nach Einschätzung
des Bundeskartellamtes, wie bereits unter den Rn. (34) ff. der räumlichen
Marktabgrenzung erläutert, lediglich in der Loyalität regionaler und lokaler Weitervertei-
48
s. Ruppelt in: Langen/Bunte: Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, 10. Aufl. 2010,
Band 1, § 19, Rn. 40.