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Städteporträt: Beirut und Tel Aviv<br />

schlechts nachschaute? Oder dass junge Libanesen in Sportwagen<br />

die Beiruter Strandpromenade entlangbrausten, Verabredungen<br />

per Handy trafen (den noch immer kontrollsüchtigen Eltern<br />

damit ein modernes Schnippchen schlagend), sich bei durchreisenden<br />

Europäern neugierig-verschämt nach dem Nachtleben<br />

im halb verhassten, halb beneideten Tel Aviv erkundigten – und<br />

gleichzeitig vollmundig über die bigo�en Golfaraber spo�eten,<br />

von denen jeder wusste, dass sie ihre Haupt- oder Nebenfrauen<br />

im Prachthotel »Saint Georges« parkten, während sie sich selbst<br />

mit libanesischen Gespielinnen in ihre Chalets in den Bergen<br />

zurückzogen?<br />

Vielleicht war es ja ein Fortschri�: Wenn dieser Art urbaner<br />

Lässigkeit immer auch etwas leicht Neureich-Vulgäres anha�ete,<br />

war es doch ein Tänzeln auf weiterhin brodelndem Vulkan,<br />

und es schien nie ganz sicher, ob eben dies nun mediterranen<br />

Pragmatismus darstellte oder nicht eher doch eine geistlose<br />

Vergesslichkeit, die irgendwann neue Opfer fordern würde. Ein<br />

elegantes Marcel-Proust-Zitat im Gespräch mit libanesischen<br />

Schri�stellern; ein Bizet-Abend im Konzertsaal der Saint-Joseph-<br />

Universität, bei dem die berühmte Arie »L´Amour est un oiseau<br />

rebelle« aus der Oper »Carmen« gnadenlos mitgeklatscht wird;<br />

oder ein Wegzappen fanatischer Scheich-Nasrallah-Reden hin<br />

zu anderen Fernsehkanälen, wo man nicht etwa die Vernichtung<br />

Israels propagiert, sondern wo eine unverschleierte Schönheit<br />

schmachtende »Habibi Habibi«-Gesänge zum Besten gibt. All<br />

das charakterisierte Beirut – bis im Sommer 2006 der Krieg zurückkam.<br />

Anfang der 1970er-Jahre träumte die westeuropäische Welt,<br />

seinerzeit verzaubert von diversen Dalida-Chansons, noch vom<br />

vermeintlich sündig-gelassenen Beirut. Die später ins Exil geflüchtete<br />

Schri�stellerin Gadda Samman prophezeite in ihrem<br />

Roman »Taxi nach Beirut« bereits damals der auf familiären Absprachen<br />

und Kungeleien ansta� auf offenem Markt gegründeten,<br />

noch prosperierenden Stadt: »Blut, viel Blut«. Kurz darauf<br />

war es dann soweit.<br />

Inzwischen hat in den Clubs erneut die orientalische Popmusik<br />

das Regiment übernommen. Klingt sie nicht ähnlich wie das,<br />

was man in Tel Aviv im »Vox« oder in den Coffee Shops in der<br />

Dizengoff- oder Schenkin-Street zu hören bekommt? Doch wenn<br />

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