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Städteporträt: Beirut und Tel Aviv<br />

Wenn das Flugzeug den nächtlichen Landeanflug beginnt und<br />

jeder Passagier weiß, dass die Bordmonitore über seinem Kopf in<br />

den nächsten Minuten eingezogen werden, scheint alles so einfach:<br />

Eine leichte Drehung nach links – und man wäre in Beirut;<br />

ein wenig nach rechts – und bald würde unterhalb der Fenster<br />

das orangene Lichtgefunkel von Tel Aviv sichtbar. Landet man<br />

schließlich in einer der beiden Städte, überlagern sich die Wahrnehmungen<br />

sogar für eine Weile, denn selbstverständlich ist<br />

es die gleiche heiße Lu�dusche, die einen sofort umfängt: eine<br />

unvergessliche Mi�elmeermischung aus Kerosin, Öl, Eukalyptus<br />

und Pinien. Im Flughafengebäude dann exakt das übliche<br />

Gewusel, Zurufe und Freudenschreie in der Ankun�shalle. Danach<br />

erneut der Hitzeschock – und schließlich der Zikadengesang<br />

draußen beim Taxistand. Die Taxilenker wischen sich mit<br />

schmuddligen Taschentüchern über die schweißglänzende Stirn.<br />

Sie tragen breite Goldke�chen und über dem Bauch spannen<br />

weiße Hemden. Sie versuchen einen auf der Fahrt in die Stadt<br />

ohne Skrupel zu neppen – quasi als Ergänzungsprogramm zur<br />

üblich-pathetischen Ich-bin-ein-ehrlicher-Mann-Rhetorik.<br />

Es geht vorbei an staubigen Palmen, Laternenfunzeln und Betonquadern,<br />

aus deren Flachdächern rostige Eisenstangen ragen;<br />

an heruntergekommenen grauweißen Kolonialhäusern mit sperrmüllverstellten<br />

Balkonen; an Plastiksäcken vor graffitibesprühten<br />

Rolläden, um die sich räudige Katzen balgen. Das alte Jemenitenquartier<br />

im Süden Tel Avivs, die Schiitenviertel in Südbeirut: Ein<br />

auf Mi�elmeeridylle geeichter Blick würde hier wohl staunend<br />

das Gemeinsame entdecken, ein auf Harmonie um jeden Preis bedachter<br />

Reisender womöglich gar etwas von »gleichem Kulturkreis«<br />

murmeln. In der Tat raten erzieherische Kommentatoren<br />

und eifrige Leserbriefschreiber dem Staat Israel immer wieder,<br />

sich doch in Zukun� gefälligst besser in seine Umwelt zu integrieren,<br />

sprich: zur Konfliktvermeidung seinen feudal-arabischen<br />

Nachbarstaaten schlichtweg ähnlicher zu werden.<br />

Wahrscheinlich griffe es zu kurz, solche Gleichmacherei einfach<br />

mit dem Fakt zu konfrontieren, dass Beiruts südliche Stadtteile<br />

auch weiterhin voller Chomeini-, Chameini- und Scheich-<br />

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